Südostasien in Österreich: Dreikönigsaktion, Hilfswerk der Katholischen Jungschar Österreichs ASEAS 6(1) 217216 d o i 10 .4 23 2 /1 0. A SE A S -6 .1 -1 4 Netzwerk Südostasien / Network South-East Asia Südostasien in Österreich: Dreikönigsaktion, Hilfswerk der Katholischen Jungschar Österreichs Philipp Bück1 Citation Bück, P. (2013). Südostasien in Österreich: Dreikönigsaktion, Hilfswerk der Katholischen Jungschar Öster- reichs. ASEAS - Österreichische Zeitschrift für Südostasienwissenschaften, 6(1), 217-222. Die Dreikönigsaktion (DKA) ist das Hilfswerk der Katholischen Jungschar Österreichs und mit über 80.000 aktiven Kindern die größte Kinderorganisation Österreichs. Neben dem Sternsingen als solidarischem Handeln von Kindern werden von den Jungschar- Gruppen auch entwicklungspolitische Themen spielerisch-kreativ mit freizeitpäda- gogischen Methoden aufgegriffen. Während der jährlich stattfindenden Sternsinger- Aktion wurden im Jahr 2012 österreichweit Spenden im Wert von EUR 15,3 Millionen gesammelt. Um diese Spenden wirksam einzusetzen, ist seit den 1960er Jahren die DKA als entwicklungspolitisches Hilfswerk der Katholischen Jungschar entstanden. Als kirchliches Hilfswerk umfasst unser Auftrag das solidarische Engagement zu- gunsten benachteiligter Menschen, basierend auf der UN-Charta und allgemeinen Er- klärung der Menschenrechte sowie dem Prinzip der Option für die Armen, dem zent- ralen Bestandteil der kirchlichen Soziallehre. Die Erfahrungen und Selbstbestimmung benachteiligter Menschen in der von Ausbeutung und Ungerechtigkeit bestimmten Gesellschaft stehen im Zentrum unseres Engagements. In Südostasien unterstützt die DKA seit den 1960er Jahren hauptsächlich Projek- te und Initiativen in den Philippinen.2 Seit 1991 sind die Philippinen mit einem Bud- get von insgesamt EUR 1,1 Millionen ein Schwerpunktland unserer Projektförderung. Derzeit werden etwa 50 Projekte finanziert. Neben der Projektförderung bietet die Jungschar/DKA einen jährlichen LernEinsatz, ein einmonatiges Exposure-Programm für 1 Philipp Bück hat einen Master in Englisch und Philosophie der University of Aberdeen und einen Master of Science in Violence, Confl ict, and Development der School of Oriental and African Studies in Großbritannien. Von 2005 bis 2009 war er Geschäftsführer des philippinenbüro e.V. im Asienhaus und Mitinitiator des Aktionsbündnis Menschenrechte – Philippinen in Deutschland. Seit 2009 ist er Projektreferent für Philippinen und Papua-Neuguinea bei der Arbeitsgemeinschaft Projekte der Dreikönigsaktion der Katholischen Jungschar (DKA) und katholischen Frauenbewegung (kfb). Kontakt: philipp.bueck@dka.at 2 In Einzelfällen hat es in der Vergangenheit Unterstützungen in Indonesien, Malaysia, Thailand, Vietnam, Myanmar sowie bis 2006 regelmäßige Projektförderungen in Osttimor gegeben. ASEAS 6(1) 219218 entwicklungspolitisch Interessierte, sowie SolidarEinsätze3, das sind mehrmonatige Praktika und Volontariate bei philippinischen Partnerorganisationen, an. In unserer Projektförderung unterstützen wir ausschließlich lokale, nicht-staatli- che Organisationen, meist aus dem kirchlichen Umfeld. In den Philippinen teilt sich die DKA mit der katholischen Frauenbewegung (kfb) ein Projektreferat über die Ar- beitsgemeinschaft Projekte. Die PhilippinenreferentInnen der DKA betreuen daher auch Projekte der kfb4. Regional konzentriert sich die Projektförderung derzeit auf die Regionen Nord Lu- zon, die administrative Region der Cordilleren (CAR), die Region Infanta, den Groß- raum Metro Manila sowie vereinzelte Gebiete in den Visayas. In Mindanao sind die Schwerpunktregionen Davao (Davao City, Davao del Sur, Davao Oriental), Zentral- mindanao (Maguindanao, Provinz Nord Cotabato) sowie CARAGA (Nordostmind- anao). Hier sind über die Jahre erfolgreiche Netzwerke und Projektpartnerschaften entstanden. Die meisten Partnerorganisationen leisten Basisarbeit im ländlichen Raum, daneben unterstützt die DKA auch einige überregional anwaltschaftlich arbei- tende NGOs und Netzwerke. Inhaltlich bewegt sich unser Projektpartnerspektrum in fünf Themenfeldern. Die- se wurden in 2008 in Folge einer Systematisierung auf Basis bestehender Kooperatio- nen und zukünftiger Herausforderungen identifiziert. Gesicherte Lebensgrundlagen Ländliche Armut ist in den Philippinen von kleinbäuerlicher (Subsistenz-)Landwirt- schaft, ausbeuterischen Pachtverhältnissen, mangelhafter Infrastruktur, starkem Bevölkerungsdruck, Überschuldung, geringem Mechanisierungsgrad und schlechtem Marktzugang und unzureichendem Zugang zu sozialen Dienstleistungen geprägt. Häufig spielen auch bewaffnete Konflikte im Zusammenhang mit Landreformen, Landnahme oder Bergbau eine Rolle. Die DKA unterstützt daher gezielt Projekte, die gesicherte Lebensgrundlagen durch ökologische kleinbäuerliche Landwirtschaft mit integrierten und lokal angepassten Ansätzen schaffen. 3 Nähere Informationen zu Voraussetzungen und Auswahlkriterien für Lern- und SolidarEinsätze finden sich unter: http://dka.at/globales-und-lernen 4 Die kfb hat in den Philippinen ein Budget von derzeit EUR 250.000. ASEAS 6(1) 219218 Die Don Bosco Foundation for Sustainable Development ist beispielsweise auf Mind- anao tätig. Sie bietet mit dem Umstieg auf biodynamischen Anbau seit den 1990er Jahren Bauernfamilien eine Möglichkeit, aus der teuren und in Armut und Abhängig- keit führenden konventionellen Landwirtschaft auszusteigen. Neben der Beratung in nachhaltigen Landwirtschaftsmethoden haben sich ökologische Kleinbauern und -bäuerinnen in einer Kooperative zusammengeschlossen. Sie werden bei der Saatgut- und Produktentwicklung sowie Vermarktung von Don Bosco unterstützt. Menschenrechte und Zivilgesellschaft Die Menschenrechtssituation in den Philippinen ist durch einen grundsätzlich guten normativen gesetzlichen Rahmen, jedoch ebenfalls durch mangelhafte Umsetzung desselben gekennzeichnet. Insbesondere rechtlose Räume und Straflosigkeit im Hin- blick auf Morde, Verschleppungen und Gewalttaten durch staatliche Sicherheitskräf- te oder Privatarmeen einflussreicher Personen werden von Menschenrechtsvertei- digerInnen seit Jahren kritisiert. Die philippinische Zivilgesellschaft ist zudem ideo- logisch komplex und von internen Konflikten durchzogen. Bei der Projektauswahl wird daher auf Gewaltfreiheit, Transparenz und politische Offenheit geachtet und in der anwaltschaftlichen Arbeit unserer PartnerInnen spielen Rechtsberatung und die Durchsetzung von Rechten benachteiligter Gruppen eine zentrale Rolle. In der Provinz Casiguran, Aurora, wird zur Zeit die Sonderwirtschaftszone Aurora Pacific Economic Zone and Freeport Authority (APECO) errichtet. Sie umfasst 12.427 Hek- tar und betrifft fünf Gemeinden in Casiguran, Aurora. Das APECO-Projekt wird von der einflussreichen Angara-Familie, einer bekannten politischen Familie, getragen. Widerstand gibt es vor allem von Seiten der Kirche und der indigenen Bevölkerung. Es ist bereits zu Mordanschlägen, Vertreibungen und Missachtung von Konsultations- prozessen gekommen. Die Task Force Anti-APECO lobbyiert auf nationaler Ebene gegen das APECO Projekt und wird dabei von der DKA unterstützt. Philipp Bück - Südostasien in Österreich: Dreikönigsaktion, Hilfswerk der Katholischen Jungschar Österreichs ASEAS 6(1) 221220 Bildung Bewusstseinsbildung spielt in vielen integrierten Entwicklungsprogrammen eine zen- trale Rolle, um marginalisierte Gruppen zu selbstbestimmtem Handeln zu ermächti- gen. Eine wichtige Rolle spielt in unserer Projektförderung die Unterstützung indige- ner Bildungsprogramme. Vernetzung und gemeinsames Lernen sowie Prozesse, die die übergreifende Reflexion von Entwicklungsfragen der lokalen Gemeinden stärken, sind für den Erfolg von Entwicklungsprogrammen in ressourcenarmen, marginali- sierten Gemeinden von entscheidender Bedeutung. Das Tribal Center for Development arbeitet mit einem integrierten Bildungspro- gramm in entlegenen mehrheitlich von indigenen Agta bewohnten Gemeinden in den Provinzen Quezon und Aurora. Kernbestandteile sind zehn Schulen mit kultur- angepasstem Lehrplan, Stipendienprogramm und ergänzenden Programmen zur Er- nährungssicherheit, Ausbildung von Gemeinde- und GesundheitsarbeiterInnen sowie anwaltschaftlichem Engagement für Landrechte und gegen mehrere Großprojekte in den Sierra Madre Bergen. Außerdem werden Forschungs- und Dokumentationsmaß- nahmen zur indigenen Sprache und Kultur sowie Kapazitätenbildungsmaßnahmen für indigene lokale Organisationen durchgeführt. Stärkung von Kindern und Jugendlichen Die Unterstützung von Präventivprogrammen und Kinderrechtsinitiativen sowie die Begleitung von Kindern und Jugendlichen in Krisensituationen sind ein wichtiger Fokus unserer Projektförderung. Neben der Unterstützung anwaltschaftlicher Pro- gramme zur Einforderung und Umsetzung von Kinderrechten, sind das Empower- ment von Kinder- und Jugendgruppen zur lokalen politischen Beteiligung und persön- lichen Entwicklung als zukünftige EntscheidungsträgerInnen wichtige Ansätze der Projektarbeit unserer PartnerInnen. So setzt sich zum Beispiel die NGO Child Alert in den städtischen Slums von Davao City für die politische Beteiligung und Ermächtigung von Kindern und Jugendlichen auf der Ebene der Lokalregierung ein. ASEAS 6(1) 221220 Kirche im Dienst an den Menschen Die katholische Kirche hat auf den Philippinen eine sehr große Bedeutung und viele unserer ProjektpartnerInnen sind Organisationen aus dem kirchlichen Bereich bzw. Umfeld. Derzeit konzentrieren sich viele Projekte in diesem Themenfeld auf die Kin- der- und Jugendpastoral sowie auf die Zusammenarbeit mit Diözesen für den Aufbau von Basisgemeinden und sozialpastoraler Arbeit. Daneben spielt die Unterstützung philippinischer pastoraler Institute bei der Aus- und Weiterbildung von pastoral ar- beitenden Personen aus dem gesamtasiatischen Raum eine wichtige Rolle. Der Marinduque Council for Environmental Concerns (MACEC) wurde in den 1980er Jahren von der Diözese Boac gegründet. Nach dem großen Bergbauunglück auf Mar- induque im Jahr 1996 beteiligte sich MACEC maßgeblich an den anwaltschaftlichen Aktivitäten der betroffenen Bevölkerung, seither ist die Organisation von der Diözese mit der Anwaltschaft für Umweltfragen und der Unterstützung für die Geschädigten der Umweltkatastrophen betraut. MACEC ist eine Vorreiterorganisation, was die Be- wusstseinsbildung in Bezug auf die negativen Folgen des Bergbaus betrifft. Neben unserer Projektförderung werden viele ProjektpartnerInnen von lokalen ExpertenInnen inhaltlich und organisatorisch begleitet. Zu diesem Zweck arbeiten wir mit Integrated Pastoral Development Initiatives (IPDI), einer auf Projektbegleitung spezialisierten lokalen NGO, sowie nach Bedarf mit weiteren lokalen BeraterInnen zusammen. Der Bedarf wird hierbei durch die inhaltlichen und organisatorischen Herausforderungen der ProjektpartnerInnen bestimmt. Das Projektmonitoring wird zudem auf regelmäßigen Projektreisen der zuständigen LänderreferentInnen geleis- tet, mit bedarfsweiser Unterstützung durch lokale BeraterInnen. Eine Stärke der DKA in den Philippinen ist die intensive PartnerInnenbetreuung. Durch Vorortbegleitung durch IPDI und regelmäßige Projektreisen können ProjektpartnerInnen durch Trai- nings im inhaltlichen und organisatorischen Bereich, über die reine Projektfinanzie- rung hinaus gestärkt werden. Auf die Nutzung von Synergien über bestehende zivil- gesellschaftliche Netzwerke wie zum Beispiel über MASIPAG (Magsasaka at Siyentipiko para sa Pag-unlad ng Agrikultura, oder Farmer-Scientist Partnership for Development) im Bereich der ländlichen Entwicklung, wird Wert gelegt. Zudem sind wir mit anderen nationalen und internationalen Hilfswerken vernetzt und in den Philippinen an verschiedenen Formen der Kofinanzierung beteiligt. Hier Philipp Bück - Südostasien in Österreich: Dreikönigsaktion, Hilfswerk der Katholischen Jungschar Österreichs ASEAS 6(1) 223222 sind häufig enge Absprachen zur Sicherstellung der GeldgeberInnen-Kohärenz not- wendig. Angesichts des Rückgangs an Spendenmitteln in Folge der Wirtschaftskrise, der hilfswerkspolitischen Neuorientierung vieler internationaler Hilfswerke, sowie des anhaltend schwachen Euros im Vergleich zum Peso sind viele unserer Partnerorgani- sationen mit einem Rückgang an Projektfinanzierung konfrontiert. Zukünftig spielen daher Maßnahmen zur Stärkung der finanziellen Nachhaltigkeit, sowie zu einer besse- ren Nutzung von Synergien mit anderen Hilfswerken und lokalen Fachorganisationen eine wichtigere Rolle. Außerdem wird im Zuge des zu erwartenden wirtschaftlichen Aufstiegs der Philippinen und in der Hoffnung auf eine verbesserte Umsetzung des normativen gesetzlichen Rahmens die Befähigung von lokalen Basisorganisationen zur politischen Mitsprache bei der Umsetzung staatlicher Projekte und Programme wichtiger. Als Hilfswerk steht die DKA hier vor der Herausforderung, diesen Bedarf an zusätzlichen Kapazitäten bei unseren ProjektpartnerInnen in einem Umfeld zurück- gehender Kooperationen anderer Hilfswerke mit der philippinischen Zivilgesellschaft zu decken.